Teller und Schüssel für Kochen ist Emotion in der Geschichte Amuse geule

Amuse Bouche

Man geht morgens zur Arbeit und möchte sein Bestes geben. Jeden Tag, den ganzen Tag. Manchmal fällt es einem schwerer und manchmal leichter. Besonders leicht fällt es dann, wenn man seine eigenen Ideen mit ins Spiel bringen kann.

Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, wie mein Sous Chef damals zu mir gesagt hat: „Gib nicht so viel Geld für Kippen aus. Kauf dir mal ein Kochbuch und überlege dir mal ein neues Amuse“. Man sollte nicht vergessen das ich zu dem Zeitpunkt erst 16 Jahre alt war und nur deshalb geraucht habe, damit ich mich mal fünf Minuten hinsetzen konnte, um Pause zu machen. Das ist aber ein anderes Thema.

Also ziehe ich an meinem nächsten freien Tag los und kaufe mir das dickste und größte Buch was ich finden kann: „Europas 100 beste Köche“. Damit habe ich mich zwar finanziell ins Aus geschossen aber wenn ich so in der Küche überzeugen kann soll es mir das Wert sein. Zwei Tage lang blätter ich von links nach rechts und wieder zurück und überlege was man sich denn von den großen unserer Zunft abschauen kann. Letztendlich entscheide ich mich für ein Törtchen aus drei Verschieden abgeschmeckten Crêpes in unterschiedlichen Farben mit Duxelles. Ich dachte, das ich sie damit alle in die Tasche koche.

Der nächste Dienstbeginn ist früher als sonst, denn ich muss ja noch eine Probe kochen. Kaum in der Küche angekommen geht es auch direkt zur Sache! Crêpes-Teig anrühren, abschmecken und einfärben, ausbacken, ausstechen und kaltstellen. Das alles in drei verschiedenen Farben. Als Nächstes diese Pilz-Duxelles … Easy, denke ich mir. Die Pilze hacken, anschwitzen, abschmecken, dann nur noch die Törtchen basteln und warten bis der Chef kommt. Ich rühre noch ein bisschen Créme Fraiche mit Zitrone an und bin so bereit wie nie zuvor.

Hätte mir jemand gesagt, dass das so „Old School“ ist, das es sogar fast schon so alt ist wie ich, wäre ich sehr dankbar gewesen. Der Teller kam nämlich vom Küchenpass in Richtung Gardemanger geflogen und ist quasi auf meinem Posten „explodiert“. Jetzt durfte ich nicht nur die Sauerei wegmachen, sondern auch alles was in der Nähe stand wegschmeißen, denn es hätten ja Splitter in den Lebensmitteln sein können. Ich habe wirklich mit allem gerechnet nur nicht damit. Das bedeutet für mich, alles auf Anfang und weil es soviel Spaß macht, kommen die ersten Gäste schon in 30 Minuten.

Ich meine, wie schwer kann es sein sich ein neues Gericht auszudenken, oder in meinem Fall ein Rezept zu finden was dem Chef gefällt. Am nächsten Tag versuch ich es noch mal, aber diesmal mit Jakobsmuschel. Da weiß ich zumindest das dem Chef die Muscheln schmecken. Das Rezept sah auch relativ einfach aus. Das Einzige was ich tatsächlich brauche, ist eine Champagner – Vinaigrette, und wie schwer kann das sein, so etwas zu produzieren.

Ehrlicherweise habe ich mich derbe verschätzt und bin nicht ansatzweise fertig geworden. Ich glaube heute, dass es so besser war.

Der Mittagservice war vorbei, mein Posten sauber und leer. Mit einer ordentlichen Portion Nervosität und Herzklopfen richtete ich dann das Amuse Bouche Nummer 2 an. Mit schwitzigen Händen und einem leichten Zittern brachte ich dem Chef den Teller. Hätte es damals schon die Küchenschlacht oder ähnliche Formate gegeben, hätte es sich bestimmt genauso angefühlt, nur ohne Kamera und mit weniger netten Worten.

Ein kritischer Blick, der Teller wird in die Hand genommen, ich gehe schon in Deckung aber es passiert nichts. Als ich die Augen wieder aufmache sehe ich den Chef mit einem Löffel in der Hand, während er die Jakobsmuschel probiert. Der zweite Löffel, den er sich nimmt, lässt mich aufatmen und etwas Entspannen.

Nun das Urteil: „Ja.“

Wenn das eine Art Lob war, dann ist das absolut in Ordnung für mich. Ich gehe wieder an meinen Posten und bin glücklich darüber, dass es dieses mal funktioniert hat.

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